6.9 Auswerten des Auditergebnisses

Systematik der Einstufung
Die Auswertung des Auditergebnisses erfolgt über die Bewertung der einzelnen Auditfragen hinsichtlich der Erfüllung der Auditkriterien, wobei als Auditkriterien normative, rechtliche oder Kundenforderungen herangezogen werden können. Die Systematik der Einstufung des Auditergebnisses bezogen auf eine Frage umfasst einen Bewertungsspielraum von null Punkten bis zum Maximalwert von zehn Punkten, unterteilt in fünf Bewertungsstufen (siehe Tabelle 10).
Tabelle 10: Bewertungskriterien für Auditfragen
Punkte
Einstufung der Erfüllung der Auditkriterien
Erläuterung zur Einstufung
10
uneingeschränkt voll erfüllt
Vorgaben und Spezifikationen sind vorhanden und werden vollständig eingehalten. Herstellprozesse sowie Produkte/Dienstleistungen sind fehlerfrei.
8
überwiegend erfüllt, es treten kleinere Abweichungen auf
Kleinere Abweichungen in den Vorgaben und/oder in der Umsetzung. Herstellprozesse haben geringfügige Mängel, Produkte/Dienstleistungen sind fehlerfrei.
6
teilweise erfüllt, es treten größere Abweichungen auf
Größere Abweichungen in den Vorgaben und/oder in der Umsetzung. Produkt-/Dienstleistungsqualität ist nicht abgesichert. Herstellprozesse haben größere Mängel, fehlerhafte Produkte/Dienstleitung können vereinzelt auftreten.
4
unzureichend erfüllt, es treten schwere Abweichungen auf
Die Vorgaben und/oder die Umsetzung des Prozesses sind unzureichend. Herstellprozesse haben schwere Mängel, fehlerhafte Produkte/Dienstleistungen können jederzeit auftreten.
0
durchgängig nicht erfüllt
Vorgaben oder Spezifikation sind nicht vorhanden oder nicht brauchbar. Herstellprozesse völlig ungeregelt, Produkte/Dienstleistungen sind fehlerhaft.
Auditfeststellung bei weniger als 10 Punkten
Werden für eine Auditfrage weniger als 10 Punkte vergeben, wird eine Auditfeststellung im Fragenkatalog (Spalte Auditfeststellung) formuliert, die den Sachverhalt genau beschreibt. Wird eine Frage nicht bewertet (n. b.), muss die Ursache der Nichtbewertung (z. B. keine Auditierung der Frage geplant) in der Spalte Auditfeststellung vermerkt werden.
Mittelwert einer Fragengruppe
Die Auswertung erfolgt im ersten Schritt über die Mittelwertbildung einer Fragengruppe, z. B. A1 „Kontext und interessierte Parteien” oder A2 „Anwendungsbereich System und Prozesse”. Eine Besonderheit bildet die Fragengruppe E6 „Produktion/Dienstleistungserbringung”. Sind dort mehrere Teilprozesse definiert (E6(1), E6(2) bis E6(n)), sind erst die Ergebnisse der einzelnen Teilprozesse zu ermitteln und dann zusammenzuziehen und ein gemeinsamer Mittelwert für den Gesamtprozess „Produktion/Dienstleitungserbringung” (Cluster E6) ist zu bestimmen.
Mittelwert eines Clusters
Im zweiten Schritt werden die Ergebnisse der einzelnen Fragengruppen eines Clusters, z. B. Cluster E (Fragengruppen E1 bis E8), zusammengezogen und daraus wird ein Mittelwert für das Cluster gebildet.
Einstufung des Auditergebnisses
Im dritten Schritt werden die Ergebnisse der sieben Cluster zusammengezogen und daraus wird der Mittelwert gebildet. Dieser Wert entspricht dem messbaren Auditergebnis des Lieferantenaudits. In der Praxis kann eine Lieferanteneinstufung in vier Gruppen (A bis C) vorgenommen werden. Das Ergebnis der Lieferantenbewertung wird anhand von Einstufungskriterien einer dieser vier Gruppen zugeordnet (vgl. Tabelle 11).
Tabelle 11: Einstufung des Auditergebnisses
Einstufung
Qualitätsfähigkeit
Grenzen
Bewertung
A
uneingeschränkt qualitätsfähig
≥ 9,0
Der Lieferant ist freigegeben, und es kann uneingeschränkt beschafft werden.
B
bedingt qualitätsfähig
≥ 8,0 bis < 9,0
Der Lieferant hat temporäre Leistungsschwächen. Es sind seitens des Kunden ggf. Lieferantenentwicklungsmaßnahmen einzuleiten. Alternativ sind verschärfte Warenausgangsprüfungen beim Lieferanten oder verschärfte Wareneingangsprüfungen beim Kunden vorzusehen.
C
sehr eingeschränkt qualitätsfähig
≥ 7,0 bis < 8,0
Bei diesem Lieferanten darf ohne begründete Sonderfreigabe durch die oberste Leitung nicht beschafft werden. Die Sonderfreigabe ist zeitlich zu befristen. Der Lieferant ist in diesem Zeitraum zu entwickeln oder ein Ersatzlieferant ist aufzubauen. Bezüglich verschärfter Warenausgangs- oder Wareneingangsprüfungen ist wie unter B vorzugehen.
D
nicht qualitätsfähig
< 7,0
Bei diesem Lieferanten darf unter keinen Umständen beschafft werden. Versehen sind über organisatorische oder technische Maßnahmen auszuschließen.
Neben der absoluten Höhe der Bewertung kann z. B. bei einem Lieferantenaudit zur Lieferantenentwicklung auch die Verbesserung der Punktzahl (z. B. von B-Lieferant zu A-Lieferant) ein Bewertungskriterium für das Gesamtergebnis sein.
Gewichtung
Es ist unter Umständen auch zweckmäßig, die Auditbewertung durch Gewichtungs- und Auswerteregeln hinsichtlich der für das Lieferantenaudit wichtigen Fragengruppen zu beeinflussen. So kann man durch die Gewichtung einzelner wichtiger Fragengruppen (z. B. doppelte Gewichtung) das Gesamtergebnis des Audits stärker auf die Kundenbedürfnisse zuschneiden.
Mindestpunktzahl
Eine weitere Option ist das Festlegen einer Mindestpunktzahl für eine wichtige Fragengruppe oder ein Fragencluster. So könnte z. B. das für einen Kunden wichtige Fragencluster E6 „Produktions- und Dienstleistungserbringung” hinsichtlich der zu erreichenden Mindestpunktzahl auf ≥ 8,0 begrenzt werden. Würde diese Punktzahl nicht erreicht, wäre dies für das Audit ein K.o.-Kriterium und hätte im Gesamtergebnis eine Einstufung nach D (nicht qualitätsfähig) zur Folge.
Über die Nützlichkeit solcher besonderen Bewertungsregelungen sollte jedes Unternehmen selbst entscheiden und dies in seinem Prozess für Lieferantenaudits festlegen. Im Regelwerk VDA 6.3 sind solche Sonderregelungen in der Bewertungssystematik inkl. ihrer Gründe beschrieben; sie können als Anregung dienen.
VDA-Bewertungsverfahren
Wird im Lieferantenaudit das Regelwerk VDA 6.3 Prozessaudits angewendet, kann auch das dort beschriebene Bewertungsverfahren verwendet werden, wobei alle drei beschriebenen Auditvarianten: Prozessaudit materielle Produkte, Potenzialanalyse und Prozessaudit Dienstleistungen ihre eigenen Auswertesystematiken haben, die leicht voneinander abweichen. Die dazugehörigen Auswerteformulare sind im VDA-Band 6.3 enthalten.
Da die Systematik des Fragenkatalogs und die Methodik der Auswertung zwischen den drei genannten VDA-Bänden mit der des vorgestellten Fragenkatalogs auf der Basis der ISO 9001 weitgehend kompatibel sind, können auch Kombinationen der drei Fragenkataloge in einem Lieferantenaudit verwendet werden.